09. Mai 2025
Information der Klinikleitung
(Konstanz) Die Geburtshilfe am Standort Konstanz ist für den Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) von zentraler Bedeutung. Seit der Einführung des Beleghebammenmodells im Jahr 2023 ist es gelungen, die geburtshilfliche Versorgung erneut zu stabilisieren und gleichzeitig ein Betreuungsmodell zu etablieren, das von werdenden Müttern sehr geschätzt wird. Die enge Zusammenarbeit zwischen Klinik und freiberuflichen Hebammen hat sich in der Praxis bewährt: Sie vereint das Vertrauen einer individuellen Begleitung – wie in einem Geburtshaus – mit der Sicherheit einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung.
Das nun vorliegende Ergebnis der Schiedsstelle zum Hebammenhilfevertrag beobachten wir mit großer Sorge. Auch wenn der GKV-Spitzenverband die Absicht verfolgt, die 1:1-Betreuung von Gebärenden finanziell zu fördern, ist die praktische Umsetzbarkeit im realen Klinikalltag höchst fraglich. Nach Einschätzung vieler Hebammen, aber auch nach unserer eigenen Erfahrung, lässt sich die geburtshilfliche Realität nicht in ein starres Zeitkorsett zwängen – gerade Notfälle, parallele Verläufe oder unerwartete Entwicklungen gehören zum Alltag im Kreißsaal. Die vorgesehene Vergütungslogik könnte in der Folge dazu führen, dass Hebammen bei gleichbleibender Verantwortung deutlich weniger verdienen. Erste Berechnungen unserer Kooperationspartnerinnen deuten bereits auf mögliche Einkommensverluste von 20 bis 30 Prozent hin – bei unveränderten Fixkosten und hoher persönlicher Einsatzbereitschaft.
Vor diesem Hintergrund können wir nachvollziehen, dass die neuen Regelungen bei den Beleghebammen des Klinikums Konstanz zu großer Verunsicherung führen. Als Klinikum zeigen wir ausdrücklich unsere Solidarität mit den Hebammen: Sie ermöglichen erst eine wohnortnahe Geburt in Konstanz rund um die Uhr – und sie gestalten diese Geburtshilfe mit Herz, großem Engagement und hoher fachlicher Kompetenz. Wir schätzen die selbstorganisierte Arbeit der Hebammen und die partnerschaftliche Zusammenarbeit sehr. Für uns als Klinikum hat sich das Beleghebammensystem als erfolgreiches, zukunftsorientiertes Modell bewährt: Es ermöglicht den Beleghebammen eine wirtschaftliche und selbstständige Arbeitsweise und bietet den Schwangeren sowie uns als Klinikum eine verlässliche Versorgung.
Die finanziellen Auswirkungen des neuen Vertragswerks können wir derzeit noch nicht abschließend bewerten. Sollte sich jedoch bestätigen, dass das Modell der freiberuflichen Beleghebamme dadurch wirtschaftlich nicht mehr tragfähig ist, wäre die Geburtshilfe am Standort Konstanz massiv gefährdet – mit drastischen Konsequenzen für die Versorgungssituation im Landkreis. Bereits 2022 hat sich gezeigt, was passiert, wenn keine ausreichenden Kapazitäten zur Verfügung stehen: Wochenweise Kreißsaalschließungen führten zu großer Verunsicherung und erheblicher Belastung für Schwangere, Familien und das medizinische Personal.
Als GLKN stehen wir daher für eine
differenzierte Bewertung der neuen Vergütungsstruktur und für den Erhalt eines
zukunftsfähigen, solidarisch getragenen Geburtshilfemodells. Es braucht
politische Lösungen, die sowohl die Existenz der Hebammen als auch die
geburtshilfliche Versorgung in den Regionen sichern.
Bernd Sieber
Geschäftsführer Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz
Thomas Beringer
Kaufmännischer Direktor Klinikum Konstanz
Dr. med. Andreas Zorr
Chefarzt der Frauenklinik Klinikum Konstanz