Gelebte Inklusion

29. Mai 2015

Am Klinikum Singen bekommen Menschen mit Behinderung eine Chance auf Beschäftigung

Sie sorgen dafür, dass die Inklusion im Singener Krankenhaus gut klappt (v.l.n.r.) Gerd Biedermann von der Caritas Werkstätte St. Pirmin in Singen und sein Schützling Martin Fuchs, Thomas Kaiser, Teamleiter Logistik des Singener Krankenhauses, Amadeus Sauter und sein Betreuer Mathias Wößner vom BVE Konstanz. Bild. aj
Sie sorgen dafür, dass die Inklusion im Singener Krankenhaus gut klappt (v.l.n.r.) Gerd Biedermann von der Caritas Werkstätte St. Pirmin in Singen und sein Schützling Martin Fuchs, Thomas Kaiser, Teamleiter Logistik des Singener Krankenhauses, Amadeus Sauter und sein Betreuer Mathias Wößner vom BVE Konstanz. Bild. aj

(Singen). Über Inklusion wird in diesen Tagen viel geredet. Am Hegau-Bodensee-Klinikum Singen wird schon seit einigen Jahren Inklusion gelebt ohne davon viel Aufhebens zu machen. Dass dies möglich ist, ist in erster Linie der Aufgeschlossenheit und Bereitschaft von Thomas Kaiser und seinem Team zu verdanken. Er ist Teamleiter des Bereichs Logistik am Singener Krankenhaus, dazu gehören die Warenannahme und das Zentrallager ebenso wie die Wäschezentrale oder die Entsorgung. Hier beschäftigt er in der Wäschezentrale und der Warenannahme insgesamt fünf Menschen mit Behinderung – teils als reguläre Vollkraft, teils als Praktikant oder auch als „entliehener“ Mitarbeiter einer Werkstätte. Dazu arbeitet Kaiser mit verschiedenen Einrichtungen zusammen: der Caritas Werkstätte St. Pirmin in Singen, der Berufsvorbereitenden Einrichtung BVE Konstanz, deren Träger der Landkreis ist, und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband. Über letzteren kamen drei junge Frauen in die Wäschezentrale des Singener Krankenhauses, eine von ihnen hat nach ihrer Ausbildung zur Wäschereihelferin sogar eine reguläre unbefristete Anstellung erhalten.

Martin Fuchs (49) aus Beuren am Ried ist aufgrund seiner kognitiven Einschränkungen über den Rentenversicherungsträger zur Caritas Werkstatt St. Pirmin gekommen. Hier ist er angestellt, arbeitet aber seit August 2013 mit großer Begeisterung an seinem Außenarbeitsplatz Klinikum in der Warenannahme und im Zentrallager. Nach einem Praktikum im Singener Krankenhaus war schnell klar, dass er hier bestens aufgehoben ist. Mit viel Engagement verrichtet er selbstständig sechs Stunden täglich seine Aufgaben. Und die sind vielfältig und wichtig: Er holt gleich morgens ab 8 Uhr den OP-Müll oder den Müll von der Intensivstation, sammelt auf allen Stationen den Glasmüll und Papiermüll ein und arbeitet anschließend im innerbetrieblichen Warenverkehr mit. Ohne ihn gäbe es auf den Stationen kein Mineralwasser! Seine stets gute Laune und sein Arbeitseifer sind sein Markenzeichen und machen ihn bei den Kollegen beliebt. „Mir gefällt es hier sehr gut, ich komme jeden Tag sehr gerne zur Arbeit“, erklärt der 49jährige. Der Chef sei toll und die Kollegen auch, sprudelt er begeistert los. Die sorgen auch dafür, dass Martin Fuchs´ überschießender Arbeitseifer zur richtigen Zeit gebremst wird und er seine Mittagspausen nicht vergisst. Kein Wunder, dass sein Jobcoach Gerd Biedermann von der Caritas Thomas Kaiser und dessen Mitarbeiter lobt. „Es ist wichtig, dass sich jemand um die Leute kümmert, die wir vermitteln“. Im Singener Krankenhaus klappe das richtig gut. Kein Wunder, dass Martin Fuchs erklärt „Hier will ich bleiben, da gehe ich nicht mehr weg“. Seinen Platz in der Gesellschaft zu finden und da dann bleiben zu können, ist denn auch das große Ziel der Inklusion.

Auch Thomas Kaiser ist voll des Lobs für seine Schützlinge mit Handicaps, er habe durch die Bank weg gute Erfahrungen gemacht, sie seien alle „hoch motiviert“. „Das erleben wir sehr häufig bei unseren Jugendlichen“, weiß auch Matthias Wößner, Sonderschullehrer beim BVE Konstanz, die mit der Zeppelin Gewerbeschule kooperiert. Sein Schützling Amadeus Sauter aus Überlingen am Ried besucht seit Beendigung der integrativen Gebhardschule in Konstanz die zweijährige berufsvorbereitende Einrichtung (BVE), die junge Menschen nach der Förderschule, der Schule für Geistigbehinderte oder eben der inklusiven Beschulung auf das Arbeitsleben vorbereitet. Im BVE sollen die Teilnehmer nicht nur Schlüsselqualifikationen für das Berufsleben lernen, sondern auch lebenspraktische Tätigkeiten wie Kochen, der Umgang mit Geld oder die selbstständige Mobilität trainiert werden. Amadeus besucht monatsweise abwechselnd den Unterricht im BVE und seinen Praktikumsplatz im Krankenhaus. Hier arbeitet er in der Wäschezentrale. Zu den Aufgaben des 18jährigen gehören das Abholen der Schmutzwäsche auf den Stationen und das Abliefern in der Wäscherei, zudem das Sortieren, Zusammenlegen und Richten der Kleinwäsche und auch das Richten und Verpacken der Trombosestrümpfe. Im Berufspraktikum kann er wichtige Erfahrungen sammeln, die er im Unterricht nicht sammeln kann – und kann herausfinden, ob die Tätigkeit zu ihm passt und daraus ein Beruf für´s Leben werden kann.

Ohne Betriebe, die bereit sind, Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben, können solche Erfahrungen nicht gemacht werden. Biedermann und Wößner würden sich freuen, wenn es mehr Betriebe wie das Singener Krankenhaus gäbe. Zwar brauchen Menschen mit Behinderung anfangs mehr Unterstützung durch das Team am Arbeitsplatz, dafür sind sie aber besonders motivierte, treue und zuverlässige Mitarbeiter und wertvoll für das Betriebsklima, weiß Thomas Kaiser. Er hat sein Engagement nicht bereut, denn beide Seiten profitieren davon. Das Unternehmen bekommt einen wertvollen Mitarbeiter und der Mitarbeiter (s)einen Platz in der Arbeitswelt und Gesellschaft.
Text und Bilder: Andrea Jagode

Informationen zu den einzelnen Einrichtungen finden Sie unter
www.caritas-singen.de
www.bve-konstanz.de

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