Darmkrebsvorsorge: „Eine Investition ins Leben“

23. Feb 2010

Rund 200 Zuhörer beim 4. Singener Darmtag in der Stadthalle

(Singen). Eines wurde beim 4. Darmtag des Darmzentrums Hegau-Bodense am 10. März schnell klar: Darmkrebs ist eine weit verbreitete Krankheit, die mit zunehmenden Alter jeden treffen kann. Ab 50 Jahren steigt das Risiko einer Darmkrebserkrankung stark an. Und weil die Vorstufen der Krankheit nicht weh tun, aber gut therapierbar sind, hilft zum rechtzeitigen Erkennen und Heilen nur die Vorsorge. Die Darmspiegelung „ist die sinnvollste Krebsvorsorgeuntersuchung, die es gibt“, war sich Dr. Jan Harder, Chefarzt der II. Medizinischen Klinik am Hegau-Bodensee-Klinikum Singen (HBK), in seinem Eröffnungsvortrag sicher. Und weiter: Darmkrebsvorsorge ist eine „Investition ins Leben“.
Rund 200 Interessierte waren zum Singener Darmtag in die Stadthalle gekommen und nutzten die Möglichkeit, sich aus erster Hand bei den Experten auf dem Podium über den Themenkomplex „Darmkrebs vorbeugen, erkennen, behandeln und heilen“ zu informieren. Auch viele Betroffene oder betroffene Angehörige saßen im Saal. Einer von ihnen saß auch auf dem Podium: Kurt Kern, Vorsitzender des Landesverbands Baden-Württembergs der ILCO Deutschland. Er stellte sich ebenso den Fragen des Moderators Hans-Paul Lichtwald wie die beiden Chefärzte Dr. Jan Harder und Prof. Dr. Matthias Gundlach, Leiter des Darmzentrums und Chefarzt am Hegau-Bodensee-Klinikums Singen, Bruno Sauter als Leiter der Endoskopie der Medizin II am HBK Singen, Prof. Dr. Johannes Lutterbach von der Gemeinschaftspraxis für Strahlentherapie und die niedergelassenen Gastroenterologen Dr. Ulrich Banhardt (Singen), Dr. Helmut Fahr (Singen), Dr. Klaus Gestefeld (Singen) und Dr. Kurt Amann (Radolfzell). Sie alle sind Teil eines Netzwerkes, das im Darmzentrum Hegau-Bodensee Hand in Hand arbeitet.
Harder ging in seinem Einführungsvortrag anschaulich auf die Risikofaktoren und auf die Entstehung von Darmkrebs ein. Er machte klar: darmkrebsfördernd wirkt sich neben einer familiären Veranlagung der hohe Konsum von rotem Fleisch aus, ebenso Übergewicht und Bewegungsmangel, Rauchen, zu viel Alkohol und vorhandene chronische Darmerkrankungen. Auch Diabetiker leiden häufiger unter Darmkrebs als Nichtdiabetiker. Daraus lässt sich ableiten, dass mit einer Änderung des Lebenswandels (Bewegung, viel Obst und Gemüse, usw.) auch das Darmkrebsrisiko reduzieren lässt – und zwar signifikant um 50 Prozent!
In der Podiumsdiskussion gingen die Anwesenden wichtigen Fragen nach, wie „wie erkennt man Darmkrebs?“. Fahrs Appell an die Anwesenden: Blut im Stuhl nicht verharmlosen, sofort zum Arzt und zur Koloskopie. Kern mahnte, schon das erste diffuse Gefühl ernst zu nehmen. Aus eigener Erfahrung weiß er auch, wie wichtig eine (ärztliche) Vertrauensperson, ein „Lotse“, ist, die einem durch den Dschungel der Erkrankung hilft. Er empfahl den Anwesenden, in der Akutphase nicht ins Internet zu gehen, das mache nur noch nervöser und unsicherer.
Wann eine OP notwendig wird und was bei einer Operation passiert, schilderte Prof. Gundlach, er erläuterte auch, dass ein künstlicher Darmausgang in der Regel nur dann erfolgt, wenn letzten Zentimeter des Enddarms betroffen sind. Die Angst vor einem künstlichen Darmausgang (Stoma) nahm der ILCO-Vertreter, der selber schon seit 30 Jahren damit lebt: „Es ist machbar“. Ein weiterer Betroffener aus dem Publikum bekundete, er habe mit Stoma fünf Sportabzeichen gemacht – dafür gab es spontanen Applaus. Warum anders als beim Dickdarmkrebs beim fortgeschrittenen Enddarmkrebs die Strahlentherapie und Chemotherapie vor der Operation erfolgt, erläuterte anschaulich Prof. Lutterbach.
Wie wichtig bei der Koloskopie die gute Vorbereitung und eine gute Entleerung des Darms sind, betonte Kurt Amann. „Der Darm muss sauber sein, damit der Arzt alles sehen kann“, mahnte er an. Nur so können Polypen und Vorstufen erkannt und im Idealfall gleich entfernt werden. Die Größe und die Lage der Polypen sind dafür entscheidend, ob die Entfernung gleich bei der Vorsorgeuntersuchung oder später im Krankenhaus erfolgt. Gemäß den Leitlinien des Deutschen Krebsverbands reicht es ohne Befund aus, alle zehn Jahre zur Untersuchung zu kommen, bei Polypen oder histologischen Befunden verkürzen sich die Abstände, ebenso bei Diabetikern. Besondere Bedingungen gelten für familiär vorbelastete Patienten. Amann sprach sich jedoch dafür aus, früher, nämlich bereits ab dem 50. statt ab dem 55. Lebensjahr, die Vorsorgeuntersuchungen der Bevölkerung anzubieten und die Abstände zwischen den Untersuchungen zu verkürzen. -aj-

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