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Trotz Unterschiede gibt es viele Parallelen

01.12.2021

Der junge Physiotherapeut Ole aus Tansania hospitierte im Hegau-Jugendwerk

Der junge Physiotherapeut Ole aus Nordtansania (links im Bild) hospitierte in der Physiotherapieabteilung des Hegau-Jugendwerks in Gailingen. Dort war er von Abteilungsleiter Stefan Daub (Bildmitte) betreut worden. Vermittelt hat den Aufenthalt der Senior Experte Willy Zink, der auch über den Förderverein URRC e.V. die Arbeitsstätte von Ole in Tansania unterstützt (rechts im Bild). Der Aufenthalt hatte nach strengen Corona-Regeln und Einreisebestimmungen stattgefunden. Bild: Jagode
Der junge Physiotherapeut Ole aus Nordtansania (links im Bild) hospitierte in der Physiotherapieabteilung des Hegau-Jugendwerks in Gailingen. Dort war er von Abteilungsleiter Stefan Daub (Bildmitte) betreut worden. Vermittelt hat den Aufenthalt der Senior Experte Willy Zink, der auch über den Förderverein URRC e.V. die Arbeitsstätte von Ole in Tansania unterstützt (rechts im Bild). Der Aufenthalt hatte nach strengen Corona-Regeln und Einreisebestimmungen stattgefunden. Bild: Jagode

(Gailingen). Einen besonderen Gast hatte das Hegau-Jugendwerk (HJW) in Gailingen: Der junge Physiotherapeut Oloshuku Mbukure Lerug, kurz Ole genannt, aus der Ngorongoro-Region in Tansania hospitierte einen Monat lang in der Abteilung Physiotherapie des neurologischen Rehabilitationszentrums für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Die Abteilung wird seit 2008 geleitet von Stefan Daub; er war auch vor Ort der Ansprechpartner für den 27jährigen Ole und ist von seinem wissbegierigen Hospitanten und seinen Fachkenntnissen sehr angetan. Die Chemie zwischen beiden stimmte, der Austausch klappe bestens, bestätigte auch der junge Tansanier im Gespräch. Er fühle sich gut aufgehoben und angenommen und er lerne viel.

Ole, der in Tansania vier Jahre lang Physiotherapie studiert hat, arbeitet in einem Zentrum für Rehabilitation für Kinder und Jugendliche in Nord-Tansania. Das Usa River Rehabilitation & Training Center, kurz URRC genannt, ist einer Einrichtung der Evangelischen Kirche in Tansania. Hier leben dauerhaft 80 Heranwachsende mit körperlichen oder geistigen Behinderungen zur Ausbildung und Behandlung.

Neben den weit verbreiteten Klumpfüßen, Wirbelsäulenverletzungen, Fehlbildungen, Verlust von Gliedmaßen aufgrund von Unfällen oder Infektionen leiden viele Kinder auch an einer Cerebralparese. Darunter versteht man Bewegungsstörungen, die durch Schädigung des Gehirns zu Störungen der Funktion von Muskeln und des Nervensystems (z.B. Spastik) führen. Die Cerebralparese ist ein Beschwerdebild, das auch viele Patienten des HJW aufweisen. Im URRC erhalten die Bewohner - sofern möglich - eine handwerkliche Berufsausbildung, dazu bekommen sie Therapien und werden mit Hilfsmitteln versorgt.

Damit gibt es viele Parallelen zum Hegau-Jugendwerk, aber auch Unterschiede, denn die Patienten, die in Gailingen zur Rehabilitation weilen kehren nach deren Abschluss zu ihren Familien zurück. Im URRC bleiben die Bewohner bis zum Ende ihrer Ausbildung.

Während im Hegau-Jugendwerk die Eltern und Familienangehörigen eng in die Rehabilitation einbezogen sind, müssen die jungen Menschen im URRC in der Regel ohne die Unterstützung ihrer Familien auskommen. Beeindruckt war Ole auch von der Teamarbeit im HJW – hier ist Reha Teamwork verschiedener Disziplinen, die gemeinsam zum Wohle des Patienten arbeiten. Der umfangreiche Therapieplan und die Einhaltung der Termine und das pünktliche Erscheinen zu den Terminen erstaunten den jungen Tansanier. Beim Über-die-Schulter-schauen, erklärt bekommen und durch Nachfragen hat er erlebt wie im HJW die Eingangsuntersuchung und Befunderhebung stattfindet, wie funktionelle Fähigkeiten getestet und die Einschränkungen der Beweglichkeit ermittelt werden, wie das Therapieziel definiert und der Behandlungsplan entworfen werden. Dabei habe er gute Impulse erhalten, berichtet Ole.

Das aufgabenorientierte und funktionelle Training mit hoher Intensität macht mit den Erfolg der Reha in Gailingen aus. Im HJW ist das Ziel der physiotherapeutischen Arbeit die Verbesserung alltagsrelevanter, selbständiger motorischer Fertigkeiten als Voraussetzung für Aktivität und Teilhabe am normalen Leben. Gelernt wird, was geübt wird. Deswegen heißt die Devise: Üben, üben, üben. Das ist etwas, was Ole so nicht kennt. Es wird für ihn eine Herausforderung sein, die Denkanstöße aus Gailingen und den praxisbezogenen Ansatz des effizienten motorischen Trainings nach seiner Rückkehr in seine tägliche Arbeit umzusetzen.

Dass die Hospitation des jungen Tansaniers im Hegau-Jugendwerk in Gailingen überhaupt möglich war, hat er dem Wahlsingener Dr. Willy Zink zu verdanken. Der Afrika-Freund hat vor rund zehn Jahren einen Förderverein für das URRC gegründet und unterstützt seitdem die Arbeit dort durch die Finanzierung von Hilfsmitteln und Therapie-Angeboten. Aber er will auch mehr Wissen vor Ort bringen. Die Weiterbildung für Ole mit dem praktischen Bezug ist ein erster Schritt dazu und er hofft auf eine langfristige Partnerschaft. Stefan Daub, selber bekennender Afrika-Fan, kann sich vorstellen, Ole vor Ort in Tansania zu besuchen. Das Klientel sei ähnlich, er sieht viele Schnittstellen zwischen beiden Einrichtungen. Weitere Treffen sind also nicht ausgeschlossen.

Finanziert und organisiert hat Oles Aufenthalt der Senior Experten Service (SES), die Stiftung der Deutschen Wirtschaft für Internationale Zusammenarbeit, für die Willy Zink als SES-Experte bereits mehrfach im Ausland im Einsatz war. Die Hospitation fand im Rahmen der Kooperation mit dem Deutsch-Afrikanischen Jugendwerks (DAJW) statt. Das DAJW dient dem fachlichen und entwicklungspolitischen Austausch von jungen Fachkräften zwischen Deutschland und Ländern des afrikanischen Kontinents. Das ist praktische Hilfe zur Selbsthilfe. Der Kontakt zum Jugendwerk kam zustande, weil Willy Zink über die Tätigkeit seiner Frau für den GLKN das HJW kennt und weiß, was das für eine tolle Einrichtung ist. Er diente als Brückenbauer und Vermittler zwischen den beteiligten Einrichtungen und kümmerte sich zugleich um Ole außerhalb dessen Einsatz im HJW. Damit der junge Tansanier, der zum ersten Mal in Deutschland war, nicht nur beruflich vom Aufenthalt in Gailingen profitierte, sondern auch persönlich neue Erfahrungen machen und dabei etwas von der Region und den Bräuchen seines kurzzeitigen Gastlandes kennen lernen konnte.

Mehr über den Förderverein URRC erfahren Sie unter www.urrc.de

 
 
 

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